Rückblick vom 24.10.2016
Am Montagmorgen erreichen wir Alexandria nach einer etwas unruhigen Nacht auf der Autobahnraststätte. Ganz pünktlich schaffen wir es dann doch nicht ins Büro von CFS (Consolidate Freight Service), die sich um unsere Verschiffung kümmert, denn wir brauchen fast eine Stunde, um einen Parkplatz für den Onkel in der Nähe unseres Hotels zu finden. Mit Hilfe eines Hotelangestellten bringen wir ihn dann schließlich auf einem öffentlichen Parkplatz unter. Saftige 180 Pfund Parkgebühr (18 Euro) wollen sie dort von uns für 24 Stunden – wie sich nachher herausstellt, steht allerdings nur 6,50 Pfund (umgerechnet 65 Cent) auf dem Ticket, das sie uns aushändigen. Da alles auf Arabisch ist, können wir es natürlich nicht lesen!

Die Kinder schicken wir dann gemeinsam mit dem Hotelangestellten in unser Stadthotel namens „Alexotel“ oder „The Great Alexander“. Jochen und ich machen uns auf den 2 km langen Fußmarsch durch die Stadt zum CFS-Büro, das unscheinbar in einem mehrstöckigen Bürohaus untergebracht ist. Wir sind ca. eine Stunde zu spät. Das erste, was wir vorgesetzt bekommen, ist unsere Rechnung: 2767 US-Dollar. Uff! Der „kurze Hüpfer“ übers Mittelmeer kostet fast so viel wie die Verschiffung nach Namibia! Aber das wussten wir ja bereits im Vorfeld, und wir haben nach langer Internetrecherche und viel Verhandlung keinen besseren Preis bekommen. Sei´s drum, wir müssen ja irgendwie wieder zurück.

Als erstes müssen wir nun ins „ministery of immigration“, damit Jochens Pass (es geht nur um den Pass des Fahrers) abgestempelt werden kann. Hier ist es brechend voll. Unser Begleiter Fathi von CFS erklärt uns, dass Ägypten 2 Millionen Flüchtlinge zu verkraften hat. Was beschwert sich da Deutschland? fragen wir uns. Warum der Pass gestempelt werden muss, verstehen wir nicht. Fathi schleust uns jedenfalls an den vielen Menschen vorbei und in ziemlich kurzer Zeit sind wir fertig.
Danach müssen wir zu einem „translator“, also jemandem, der irgendetwas übersetzen soll. Anscheinend handelt es sich um eine Art Vollmacht für die „Port Authority“. Wir laufen zu Fuß durch die Stadt bis zum Tahrir-Platz – den gibt es in Alexandria nämlich auch – und bis zum Gerichtsgebäude. Dort befindet sich auch das Büro des Übersetzers. Als wir erfahren, dass er gerade keine Zeit hat, lädt uns Fathi zu einem Getränk im ägyptischen Cafe gegenüber ein. Er erklärt uns, dass es sich bei den vergitterten Fahrzeugen, die hier vorfahren, um Gefängnisbusse handelt, deren Insassen zur Gerichtsverhandlung gebracht werden. Gerade als wir unser Getränk erhalten, heißt es plötzlich: „Alle hinein!“ und in Windeseile werden alle Tische, Stühle und Menschen ins Innere des Cafes verfrachtet. Nach und nach bekommen wir mit, dass soeben ein Gefängnisbus mit Gefangenen aus der „Muslim brotherhood“ vorgefahren ist und dass deshalb erhöhte Anschlagsgefahr besteht. Wir sind eben in Ägypten!

Da sich die Warterei noch hinzuziehen scheint, mache ich mich auf den Weg ins Hotel, um nach den Kindern zu schauen. Sie haben in der Zwischenzeit selbständig Schule gemacht und haben nun Hunger. Das Hotel liegt mitten im Zentrum Alexandrias, von außen sieht es ziemlich schäbig aus, aber unser Appartement liegt im 14. Stock, und wir genießen einen traumhaften Ausblick über die ganze Stadt bis zum Mittelmeer. Wir haben vier Betten und eine kleine Küche – das Ganze für knappe 50 Euro die Nacht.
Wir gehen also in Richtung Tahrir-Platz und kaufen uns an einem der zahllosen Straßenständchen einen Imbiss: Brötchen mit Chicken und Tomaten-Zwiebel-Gurken-Mix. Dazu trinken wir einen frisch gepressten Orangensaft (etwas sauer) und einen Granatapfelsaft (ziemlich süß). Auch das für kleines Geld.
Anschließend begeben wir uns in den Onkel Deutz, um unsere Rucksäcke zu packen. Schließlich taucht auch Jochen auf, der außer sinnlosem Warten nichts mehr organisieren konnte an diesem Nachmittag. Der Computer des „Übersetzers“ ist die ganze Zeit abgestürzt, so dass er das benötigte Dokument nicht fertigstellen konnte. Jochen hat sich für den nächsten Morgen wieder mit ihm verabredet.

Den Rest des Nachmittags verbringen Jochen und ich damit, den Onkel Deutz für die Verschiffung fertig zu machen: packen, Kühlschrank ausräumen, Fahrrad im Innenraum des Onkels verzurren, Seilwinde abbauen und verstauen, Durchgang Fahrerkabine – Innenraum mit einem Brett verschließen, Wertsachen verstecken, etc. Währenddessen vertreiben sich die Kinder im Hotelzimmer die Zeit mit Spielen (wie sie behaupten) oder mit Fernsehgucken (wie ich behaupte – es gibt über 1000 Kanäle hier!).
Die Essensreste aus dem Onkel reichen genau noch für eine leckere Spaghetti Bolognaise, die die Kinder in der Küche unseres Appartements zubereiten. Die Dusche tut Wunder, denn wir sind total verschwitzt und verdreckt.
Auf Juli´s Wunsch hin schauen wir uns noch die zweite Folge von Ostwind auf DVD an.