Rückblick vom 31.08.2016:
Aber zunächst einmal fängt es an: Es ist noch dunkel, als am gestrigen Morgen der Wecker um 5.30 Uhr klingelt, denn wir wollen bei Sonnenaufgang die ersten Tiere sehen. In der Morgendämmerung packe ich die noch feuchten Dachzelte zusammen.
Wir sind die ersten, die das Camp Eluai an diesem Morgen verlassen! Die kurze Piste bis zur „mainroad“ ist sehr rumpelig, aber schon bald düsen wir in der Morgendämmerung an den Fluss. Schon kommen uns die ersten Safariautos entgegen, alle haben die gleiche Richtung: zum Crossing Point für die Gnuherde, die seit einiger Zeit schon vor dem Fluss auf- und abzieht und nun hoffentlich bald den Fluss überqueren wird. Im Fluss warten riesige Krokodile auf ihr Frühstück. Auf dieses Spektakel sind alle gespannt!


Wir parken in gewohnter Manier mit dem Heck in Richtung Fluss und decken erst einmal unseren eigenen Frühstückstisch. Mit Blick auf die Krokodile, einige Hippos und die nervöse Gnuherde lassen wir uns den Kaffee und die Nutellabrote schmecken. Als wir fertig sind, stehen um uns herum an die acht Safariautos, alle voll besetzt mit gut zahlenden Lodgegästen der umliegenden Nobellodges (500 US-Dollar aufwärts pro Person und Nacht). Leider können sich die Gnus noch nicht zur Flussüberquerung entschließen, sodass wir erst einmal weiterfahren: wir wollen nämlich unbedingt noch Löwen sehen! Wir erkundigen uns bei einem der Safariautos, wo wir diese Raubtiere denn finden könnten und dürfen dann sogar hinter einem herfahren. Anscheinend liegen die Löwen immer an der gleichen Stelle, andere Safariautos sind nämlich auch schon da.
Wir nähern uns, sehen zunächst nichts, dann finden wir zwei Löwenpäarchen schlafend bzw. dösend inmitten einer großen „Wiese“. Ohne Hilfe wären wir hier nie hergekommen! Wir können bis auf ein paar Meter heranfahren, das stört sie nicht im Geringsten. Im Gegenteil, wir haben sogar den Eindruck, dass die beiden mehr tot als lebendig sind, denn sie rühren auch nicht die kleinste Pfote. Nicht einmal zu atmen scheinen sie.
Wir beobachten sie eine Weile, knipsen unendlich viele Fotos – schlafender Löwe von fern, schlafende Löwin von fern, schlafender Löwe mit Löwin von fern. Dann schlafender Löwe von nah, schlafende Löwin von nah und schlafender Löwe mit Löwin von nah. Ja, und dann nochmal die Gesichter mit ganz ausgefahrenem Zoom. Sie sehen ja schon putzig aus, wenn sie so schlafen. Aber aufwachen wäre auch mal schön. Oder wenn sie wenigstens mal den Kopf heben würden. Wir warten. Na gut, dann eben nicht. Vielleicht sind sie ja doch nicht echt, sondern wurden von den Safariautos hierhergelegt.
Wir wenden und rollen ein paar Meter weiter zum zweiten Löwenpäarchen. Die liegen unweit im Schatten einer großen Schirmarkazie. Wow, hier ist ja richtig was los! Beide heben den Kopf und schauen sich um. Schnell, Kamera her. Wir knipsen wacher Löwe von fern, wache Löwin von fern, wacher Löwe mit Löwin von fern. Dann wacher Löwe von nah, wache Löwin von nah, wacher Löwe mit Löwin von nah. Oh, inzwischen ist das Männchen von dem schlafenden Päarchen tatsächlich aufgestanden – es lebt also doch! Schnell ein Foto von einem stehenden Männchen. Mist, ist ganz schön weit weg!
Wir knipsen und knipsen und freuen uns über jedes Gähnen, jedes Kopfschwenken, auf-den-Rücken-drehen und einmal haben wir sogar ganz großes Glück, als der Löwe seine erlauchte Gattin anfaucht, weil sie ihn mit der Pfote berührt! Wir schwelgen im Löwenglück und können nicht genug bekommen. Irgendwann legen sich beide dann wieder hin und dösen.
Endlich können wir uns entschließen weiterzufahren. Irgendwo links der Straße soll es noch Nashörner geben, die finden wir aber nichts. Also beschließen wir, nochmals zurückzufahren zur Gnuherde und dem Fluss. Vielleicht überqueren sie ja jetzt …. Als wir ankommen, sehen wir, dass ein Teil der Herde bereits auf unserer Flussseite ist, der andere Teil steht noch am jenseitigen Ufer. Lange warten können wir nicht, denn unsere Zeit läuft ab. 12.15 Uhr müssen wir den Park verlassen. Naja, heute keine Kroko-Schlacht. Vielleicht auch besser so ….

Pünktlich fahren wir zum Oolooloo-Gate hinaus. Am liebsten hätten wir jetzt einen schönen Campingplatz zum Entspannen und Ausruhen. Es sind auch eine ganze Menge Camps angeschrieben. Hoffnungsvoll machen wir uns auf den Weg in Richtung Narok, denn das Camp direkt oberhalb des Gates soll sehr exklusiv sein. Nach ca. 10 km erreichen wir dann ein Hinweisschild „Mara Camp – now open“. Dieser Campingplatz ist auch in unserem Navi verzeichnet, er soll direkt am Fluss liegen. Wir biegen ab und folgen einer schwer zu befahrenden Piste in Richtung Fluss, vorbei an einigen Massai mit ihren Schaf- und Ziegenherden. Aber es kommt nichts. Einfach gar nichts. Schließlich drehen wir um und rumpeln zurück. An der Abzweigung angekommen, halten wir erst einmal, um Mittag zu essen. Wir haben alle ziemlich Hunger. Hier parkt auch ein alter Truck aus Österreich, den haben wir in der letzten Nacht schon im Eluai-Camp gesehen. Die beiden sympathischen Reisenden berichten, dass es weder das Mara Camp gibt, noch dass irgendeinen Campingplatz in den nächsten 200 km kommt. Irgendwie haben wir das schon geahnt …. Uff, was tun? Hierbleiben? Aber wir sind schon wieder umrundet von einer kleinen Schar ziemlich frecher Kinder, die sogar die Leiter in unsere Wohnkabine hochsteigen und reinschauen, während wir essen. Das ist keine Entspannung … Es bleibt uns nichts Anderes übrig als weiterzurumpeln, damit wir heute noch ein möglichst großes Stück der Schotterpiste in Richtung Narok hinter uns bringen. Wir alle haben überhaupt keine Lust mehr zum Weiterfahren, wir sind müde und ko und sehnen uns nach einem Platz zum Ausruhen. Aber was soll´s, nach dem Essen schmeißen wir den treuen Onkel an und weiter geht´s.
Wenn wir geahnt hätten, was für eine Horrorstraße es ist, die wir nun hinter uns bringen müssen! Bis auf wenige Ausnahmen ist sie mit spitzen festgebackenen Steinen übersät, die sich in unsere Reifen zu bohren scheinen, es gibt riesige Absätze, ausgewaschene Rinnen und Schlaglöcher. Wenn wir dachten, die Hinfahrt zum Sekenani Gate wäre schlimm gewesen, dann hat uns diese Straße eines Besseren belehrt. Über Stunden kriechen wir mit 5-10 km/h dahin und trotzdem rattert, scheppert und schwankt der Onkel was das Zeug hält. Zum Glück ist es landschaftlich wunderschön, so dass man für die Plackerei immerhin mit tollen Aussichten entschädigt wird. Aber so richtig genießen kann man es nicht, wenn man eigentlich nur ankommen möchte …

Wir kommen über riesige unbewohnte Hochebenen, in den noch Zebras, Gnus und Springböcke leben. Mir kommt der Gedanke, ob wir hier nicht einfach stehenbleiben und die Nacht verbringen könnten. Hier kann doch gar niemand kommen, es gibt ja schließlich keine Dörfer und keine Viehherden!
Also halten wir an und kochen erstmal einen Kaffee. Eine Pause tut uns allen gut. Kaum stehen wir – naja, es dauert vielleicht 5 Minuten, so dass wir es gerade so schaffen, unbemerkt zu pinkeln – kommt schon der erste Junge von irgendwo hergerannt. Kurz darauf hält ein Motorrad mit zwei Massai neben uns an. Und dann – wir haben inzwischen einen Kaffee und Kekse in der Hand und sitzen im Schatten von Onkel Deutz auf unseren Campingstühlen – hält auch noch ein Auto. Ok, das war´s mit der Ruhe. Der Fahrer aus dem Auto steigt aus, bewundert unseren Truck und stellt sich vor als Verantwortlicher für diese Gegend. Es handelt sich wohl um eine Art Naturschutzgebiet. Es ist sehr freundlich und interessiert, nur wir haben nicht so richtig Lust auf eine Unterhaltung.
Wir packen also nach Beenden des Kaffees ziemlich schnell unsere sieben Sachen zusammen und wollen uns auf den Weg machen. Da sagt doch der Massai zu mir, er möchte Geld von uns haben fürs Parken, es sei sein Land hier! Ich glaube es einfach nicht! Mit seinem Handy telefoniert er bereits seit einiger Zeit herum und möchte wohl Verstärkung holen. Wir weigere mich strikt gegen eine Bezahlung und wir fahren einfach los. Irgendwo hört es auf.

Wir kämpfen uns also weiter voran. Nach 5 Stunden und 60 km bleiben wir stehen. Für die Nacht parken wir neben dem Rohbau einer Schule, das größte und höchste Gebäude in dieser Gegend. Obwohl ganz in der Nähe einige Massai ihre Rinder weiden, stört uns unglaublicherweise niemand in dieser Nacht. Ziemlich geplättet kochen wir uns ein Abendessen und fallen ins Bett.

Die Nacht ist ziemlich kühl und als wir am Morgen erwachen, sind die Dachzelte sehr feucht. Nach einem ausgiebigen Frühstück machen wir uns wieder auf den Weg, heute wollen wir so früh wie möglich Lake Naivasha erreichen, dort soll es ein paar schöne Campingplätze geben. Zum Glück sind es nur noch 7 km, dann beginnt endlich eine geteerte Straße. Wir erreichen das Städtchen Narok – hier schließt sich unsere Runde durch die Massai Mara wieder – und fahren eine Tankstelle an, um Diesel aufzufüllen. Und Jochen hat seit einigen Kilometern noch ein viel größeres Problem bemerkt: der Onkel verliert deutlich und immer schneller Bremsflüssigkeit. Bei einem der Speedbumps konnte er schon nicht mehr richtig bremsen und wir sind ganz schön darüber gehopst! So ein Mist, das hat uns jetzt gerade noch gefehlt!
Aber wir haben Glück: An der Tankstelle gibt es einen Mechaniker, der das Problem in kürzester Zeit beheben kann. Es ist nur ein losgerüttelter Bremsschlauch, den man wieder festziehen muss. Wenn man weiß, wo ….

Der letzte Teil der Strecke verläuft schnell und problemlos auf geteerter Straße und wir erreichen Lake Naivasha am späten Mittag. Einmal kurz geraten wir noch in eine Sackgasse, als wir unserem Navi bei einer „Abkürzung“ folgen – wir müssen umdrehen und erneut schwören wir uns, dass wir nie, nie wieder eine kenianische Schotterstraße ausprobieren werden! – dann noch ein paar Schlaglöcher auf der South Naivasha Road und wir landen im Camp Carnelly´s, direkt am Seeufer auf einer wunderschönen Wiese unter hohen Bäumen. Wir sind alle ziemlich erschlagen und genießen die Ruhe, die Aussicht, die Wasservögel, die ungewöhnlich hübschen Affen und dass wir endlich wieder wo angekommen sind.
Die Kinder packen Juli´s Angel aus, müssen sie zunächst einmal zusammenbauen und begeben sich auf den Bootssteg. Ich kriege den Rappel und putze den ganzen Staub der Massai Mara aus dem Onkel heraus. Jochen und Omi ruhen sich von den Strapazen aus. Auch ein paar alte Bekannte treffen wir hier wieder: einen Holländer, der uns in Maun zum ersten Mal über den Weg gelaufen ist und dann zu unserer aller Freude auch Allan, den jungen Südafrikaner, der in Tansania ein paar Tage mit uns gereist ist!

Am Abend gönnen wir uns dann noch ein leckeres Essen in dem gemütlich eingerichteten Lokal des Campingplatzes, das besonders berühmt ist für seine leckeren Pizzen – und das nicht zu Unrecht! Wir sind ziemlich versöhnt mit uns, der Umwelt und Kenia, als wir mit vollen Bäuchen, frisch geduscht (nach drei Tagen Staub und Hitze) und wohlig in unsere Betten schlüpfen.