Rückblick vom 22.9.2016
Wer hätte gedacht, dass wir einmal froh sein würden, im Sudan zu sein??
Ja, aber es stimmt: Als wir am Donnerstagnachmittag den Grenzposten Metema überqueren, sind wir heilfroh – erstens, dass wir von den ganzen Unruhen und Demonstrationen in Äthiopien eigentlich nichts mitbekommen haben (Aber es reicht schon, wenn wir in jedem Ort, durch den wir fahren, Leute mit einer Knarre über der Schulter herumlaufen sehen….) und zweitens, dass wir die Menschenmassen los sind …

Am diesem Donnerstag brechen wir nicht ganz so früh auf, denn bis zur Grenze sind es „nur“ gut 200 km. Wir fahren gemeinsam mit Robert und Claire – ein gutes Gefühl, nicht allein zu sein! Doch die Strecke zieht sich wie ein Kaugummi. Es geht durch das nördliche Bergland Äthiopiens, durch unzählige Käffer, durch Kuh- und Ziegenherden, vorbei an Eselskarren und Menschenmengen. Warum sind eigentlich alle Tiere hier immer auf der Straße?? Weiterhin winken uns die Menschen freundlich zu, die Kinder schreien „Jujuju!“ oder „money, money, money“. Manche machen das Handzeichen für „Freiheit“ – zwei überkreuzte Unterarme. Die Straße ist ziemlich gut und führt uns hinab, hinab, hinab. Mit jedem Höhenmeter, den wir verlieren, wird es wärmer.
Nach sechs Stunden erreichen wir endlich die Grenze. Wir befinden uns nur noch auf knapp 800m und es ist heiß. Das Thermometer erreicht die 30 Gradmarke und klettert darüber.

Die Grenze zum Sudan ist klein und relativ übersichtlich. Die übliche Prozedur beginnt mit dem Ausschecken aus Äthiopien: Unsere Pässe und der Customszettel werden überprüft. Irgendwie fehlt wohl der „Port of exit“ auf letzterem, so dass sie erst an dem Grenzübergang Moyale (Kenia) anrufen müssen – wahrscheinlich um zu fragen, ob wir tatsächlich hier sind und auch wieder rausfahren????? Außerdem müssen sie wieder alle Daten von uns in ihren PC händisch eingeben. Im Einfingersystem. Und das, obwohl sie einen modernen Scanner haben. Sie wissen wahrscheinlich bloß nicht, wie man ihn verwendet. Ach ja, und alle Daten müssen natürlich zusätzlich noch in ein Buch aus Papier eingetragen werden….
Wir tauschen noch ein paar Dollar und unsere restlichen äthiopischen Birr auf dem Schwarzmarkt – wie wir glauben zu einem guten Kurs (zumindest besser als der offizielle Wechselkurs), später erfahren wir, dass man fast das Doppelte bekommen kann. Naja, Hauptsache wir haben erstmal Geld, denn der Sudan ist das erste Land, in dem man kein Geld aus dem Geldautomaten bekommen, sondern nur Dollars tauschen kann.

Dann geht es weiter zur sudanesischen Seite. Robert und Claire sind schon vor uns und warnen uns: „They want to rip you of. They want to make you pay a registration fee of 410 pounds (ca. 60 Euro) per person. Don´t pay it!” Gewappnet treten wir dem Grenzbeamten gegenüber. Aber er will zunächst einmal gar nichts von uns. Wir warten bis er die Pässe gecheckt hat. Er braucht eine Kopie jedes Passes und auch eine der Visas. Jochen zieht los. In der Zwischenzeit kommt Claire, die schon beim Customs ist und sagt uns, dass wir uns beeilen sollen, denn es ist bereits nach vier Uhr und der Customs möchte schließen. Ich gehe also mit ihr und gebe unser Carnet schon mal ab. Dann zurück zur Immigration, Formulare ausfüllen. Wir bekommen ohne Diskussion einen Stempel in unseren Pass, dass wir uns innerhalb von drei Tagen in Karthoum registrieren müssen.
Schließlich ist alles geschafft und halb sechs verlassen wir die Grenze – nicht ohne dass wir beim Rausfahren noch einen Sicherheitscheck (wieder einmal abschreiben der Daten aus unseren Pässen in ein Buch) und einen Policecheck hinter uns gebracht haben.

Wir fahren noch ca. eine Stunde auf gerader ebener Straße – leider mit einigen Schlaglöchern – dafür aber leer, d.h. ohne Menschen und ohne Tiere! Es ist super heiß, aber alles grün. Auch hier im Sudan ist noch Regenzeit und es scheint so, als ob sie dieses Jahr extrem gut ausgefallen ist. Wir sehen riesige Pfützen und halbe Überschwemmungen. Große Maisfelder, Getreidefelder, Büsche und Bäume säumen den Weg.
Bevor es dunkel wird, suchen wir uns ein Buschcamp. Hier im Sudan ist das kein Problem, denn die Bevölkerungsdichte ist wesentlich geringer als in Äthiopien. Die Menschen sind zurückhaltend und betteln nicht. Wir bauen Tisch und Stühle auf und setzen uns gemeinsam mit Robert und Claire unter den Sternenhimmel. Wir genießen die Ruhe und Abgeschiedenheit – zum ersten Mal seitdem wir Sambia verlassen haben, ist so ein ungestörtes Buschcamp wieder möglich. Allerdings hat es immer noch weit über 30 Grad und durch die hohe Feuchtigkeit sind auch jede Menge Insekten in der Luft – mehr als ich es je erlebt habe. Riesige fliegende Heuschrecken landen plötzlich auf Kopf oder Arm, Falter so groß wie eine Männerhand flattern ums Licht, riesige Käfer umsurren uns. Vor allem für Juli und mich kostet das so einige Selbstkontrolle beim Essen unserer Spaghetti.
Die Nacht wird ziemlich heiß, aber zum Glück weht ein leichter Wind, so dass wir relativ gut schlafen.