Rückblick vom 17. und 18.9.2016
An diesem Morgen werden wir von einem koptischen Leiergesang geweckt, der durch die Lautsprecher der Kirche schallt. Und das um sechs Uhr! Als wir aus dem Fenster lugen, bietet sich uns ein ungewöhnliches Bild: Wir sind umringt von in weiße Gewänder gehüllte Gläubige! Sie alle stehen mit dem Gesicht zur Kirche, haben ein kleines Gebetsbuch in der Hand und beten. Dazu hören sie den Priester über den Lautsprecher – pausenlos … Wasser scheint auch eine wichtige Rolle zu spielen, denn alle haben einen Becher in der Hand und trinken ab und zu einen Schluck. Was für ein komisches Gefühl, dass das auch alles Christen sind – sie scheinen so weit entfernt zu sein von unserer „westlichen“ Art, diesen Glauben auszuüben.

Als wir um 8 Uhr unseren Onkel auf seinem Stellplatz neben der Kirche verlassen, ist immer noch Gottesdienst. Erst gegen 9 Uhr endet er! Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, was uns am nächsten Morgen erwartet … Wir gehen zu Daniels Familie zum Frühstück: es gibt leckeren äthiopischen Kaffee, gutes frisches Weißbrot, Rührei und Marmelade.
Danach besorgt Jochen mit Hilfe von Daniel endlich eine neue SIM-Karte fürs Handy, so dass wir auch wieder via Internet erreichbar sind! Das ist ein gutes Gefühl!

Dann besuchen wir Rolf, das ist ein Deutscher, der etwas außerhalb von Addis lebt und ein guter Freund von Daniel. Rolf ist schon 70, hat die Schwester von Daniels Frau geheiratet und hat ein Kind mit ihr. Er ist ein ziemlich spezieller Typ. Vor seinem Haus parkt „Bush Baby“ ein riesiges zum Wohnmobil ausgebautes ehemaliges Militärfahrzeug – einfach nur wow! Damit ist er durch halb Afrika gereist, nun aber schon seit ca. 15 Jahren in Äthiopien gestrandet. Wir haben nicht viel Zeit mit ihm, denn um 14 Uhr müssen wir wieder zurück sein, um unseren Onkel Deutz in die Werkstatt zu bringen. Glücklicherweise hat Daniel einen guten (Werkstatt-)Tipp für uns und wir hoffen, Fasil bekommt unser Problem in den Griff.

Den Nachmittag verbringen wir in Daniel´s Haus mit „seinen“ drei Frauen, während die Männer mit dem Onkel in der Werkstatt sind. Es schüttet in Strömen (September ist Ende der großen äthiopischen Regenzeit). Wir spielen „Schwarzer Peter“, „Halli Galli“ und „Mensch ärger dich nicht“ – alles Spiele, die wir mitgebracht haben. Alle tauen ein bisschen auf und es macht richtig Spaß!
Jochen und Daniel kommen erst nach 18 Uhr zurück – aber mit einer guten Nachricht: Der Onkel fährt wieder, es war nur Dreck in der Bremstrommel, dadurch hat die Bremse leicht „geschleift“ und ist heiß gelaufen. Alles gut wieder und den Dieselfilter haben sie auch noch ausgetauscht. Uff!

Fürs Abendessen fahren wir zu einem äthiopischen Metzger: Vorn wird rohes Fleisch verkauft, hinten gibt es ein einfaches Restaurant. Wir fürchten schon, dass wir das rohe Fleisch als Essen serviert bekommen – das ist hier in Äthiopien nämlich ganz normal: auch viele Straßenstände verkaufen Portionen mit klein gewürfeltem rohen Rindfleisch als Snack – aber zum Glück gibt es gut gewürztes gegrilltes Fleisch (ähnlich Gyros), serviert in tönernen Schüsseln auf einem kleinen Feuer. Dazu gibt es äthiopisches Fladenbrot aus Sauerteig. Das Fleisch ist etwas zäh, aber sehr lecker.
Wir kommen ziemlich spät zurück, und dann müssen wir den Onkel noch umparken. Diese Nacht wollen wir direkt vor Daniels Haus schlafen, da wir das Gefühl haben, auf dem Gelände der Kirche etwas fehl am Platz zu sein. Nun gibt es aber ein neues Problem: Der Onkel will nicht anspringen! So ein Mist! Jochen und Daniel vermuten, dass durch den Austausch des Filters Luft ins System gekommen ist. Sie pumpen und pumpen, ich starte und starte. Nach einer halben Stunde springt er an – endlich! Wir parken um und die Kinder fallen ins Bett. Wir sitzen noch bis weit nach Mitternacht mit Daniel und Mark bei interessanten Diskussionsthemen über Gott und die Welt zusammen.

Am nächsten Morgen werden wir um fünf Uhr auf einen Schlag geweckt: Die Gesänge der koptischen Kirche setzen ein – und hier sind sie sogar noch lauter als auf unserem letzten Übernachtungsplatz direkt neben der Kirche! Wir versuchen uns umzudrehen, das Kissen auf die Ohren zu drücken, es zu ignorieren, … nichts hilft. Der Gesang ist so durchdringend und laut, dass wir es einfach nicht fassen können. Und er hört und hört nicht auf. Erst gegen halb 10 kehrt Ruhe ein – nach fast fünf Stunden! Ein absoluter Psychoterror! Wir sind froh, dass wir hier nicht wohnen.

Es gibt ein sehr spätes Sonntagsfrühstück mit den leckersten Brötchen seit wir in Afrika sind!! Silas stellt sogar fest, dass diese Brötchen besser als deutsche sind! Die Bäckerei ist direkt neben Daniels Haus und wir müssen zweimal nachkaufen, so lecker sind sie!
Jetzt wollen wir noch mit unserem Onkel zum Supermarkt und dann zu „Wim´s Holland Guesthouse“, wo wir uns mit Robert und Claire verabredet haben. Robert und Claire haben wir in Nairobi getroffen, sie haben die gleiche Route wie wir und sind zufällig gleichzeitig in Addis. Sie leben seit über 20 Jahren in Australien, sind aber ursprünglich aus Holland und fahren einen großen MAN Truck.
Als wir losfahren wollen, kommt der Onkel wieder nicht in die Gänge! Starterprobleme. So ein Mist. Wo kommt denn nur die Luft her? Jochen und Daniel doktorn nochmals über eine Stunde an ihm herum, Jochen entlüftet alle Filter und putzt die Dichtungen. Dann klappt es – aber mit einigen Schwierigkeiten. War es das? Wir wissen es nicht. Auf jeden Fall fahren wir zum Supermarkt und nehmen Simion (5 Jahre), Noah (knapp 2 Jahre) und Maleika (4 Jahre) mit. Daniel fährt im eigenen Auto vorne weg. Als wir am Supermarkt ankommen, geht einmal wieder ein riesiger Regenschauer nieder, es schüttet, was das Zeug hält. Jochen bleibt im Onkel, weil wir den Motor laufen lassen wollen.
Das Einkaufen zieht sich, es ist Stromausfall und ziemlich dunkel. Durch den Stromausfall funktioniert die Kasse dann auch nicht. Das bedeutet, dass die Kassiererin die Waren einzeln von Hand in einen Block mit Durchschlag schreiben muss, dann tippt sie alles noch in einen Taschenrechner ein und rechnet die Summe aus. Das dauert ewig … Währenddessen toben die Kinder durch den halbdunklen Laden, draußen schüttet es noch in Strömen. Jaaa, in Afrika lernt man Geduld.

Da es schon ziemlich spät am Nachmittag ist, verabschieden wir uns hier von Daniel, er fährt mit den Kindern nach Hause und wir suchen uns selbst den Weg ins Wim´s Holland House. Wir sind Daniel sehr dankbar für seine ganze Hilfe und seinen selbstlosen Einsatz! Wir haben uns sehr wohl bei ihm und seiner großen vielfältigen Familie gefühlt – Daniel, herzlichen Dank für alles!

In Wim´s Holland House treffen wir Robert und Claire, außerdem besucht uns auch noch Paul und wir verbringen einen netten Abend bei gutem holländisch-deutschem Essen (die Kinder bestellen Kartoffelsalat!). An diesem Abend gehen wir sehr früh ins Bett.