Die Hälfte ist rum!! Es ist ein seltsames Gefühl, dass es ab jetzt dem Ende entgegengeht … Andererseits passt es: Wir hatten in der letzten Woche ein absolutes Highlight unserer Reise, wir sind gefühlt schon lange unterwegs und haben ebenso lange noch vor uns. Wir freuen uns auch wieder auf unser Leben zuhause.
Auf jeden Fall ein Grund für uns zu feiern und uns Zeit zu nehmen, um zurückzuschauen: was haben wir erwartet, was davon ist in Erfüllung gegangen und was hat auch nicht so geklappt, wie wir es uns vorgestellt haben?

Wir begehen diesen besonderen Tag hier in Maun auf dem Campingplatz des Sedia Hotels indem wir ausschlafen und unser spätestes Frühstück überhaupt auf der Reise einnehmen: 11.30 Uhr gibt es einen leckeren Brunch mit Toast, Rührei, Ananas und allem, was das Herz begehrt. Danach setzen wir uns zur Familienrunde zusammen und jede/r denkt darüber nach, was er/sie vor Beginn der Reise zuhause an Wünschen und Erwartungen formuliert hat (leider haben wir unser Plakat von damals nicht abfotografiert und müssen uns jetzt erinnern …): Da ist zum Beispiel Mio, die Tiere sehen und andere Familien mit Kindern treffen wollte. Oder Silas, der etwas Neues lernen, gut Englisch sprechen und neue Kulturen kennenlernen wollte. Juli wollte reiten. Jochen und ich wollten vor allem Zeit haben für die Familie, für uns selbst und als Paar. Außerdem hatten wir uns vorgenommen etwas gut zu lernen, z.B. surfen oder ein Instrument.

Wie sieht es nun aus nach fünfeinhalb Monaten?
Insgesamt sind wir sehr zufrieden mit allen Entscheidungen, die wir bisher getroffen haben:

Thema Fahrzeug:
Unser Onkel Deutz erweist sich als perfektes Fahrzeug für uns und für diese Reise durch Afrika. Wir haben eine robuste „Luxusvilla“ dabei, in der wir genug Platz haben (und die auch immer etwas Liebe und Zuneigung braucht).

Thema Routenplanung und Klima:
Die Route, die wir bis jetzt gefahren sind, hat perfekt zu uns gepasst: wir sind in einem einfachen Land gestartet (Namibia), haben das „gefährliche“, aber mit super Infrastruktur ausgestattete Südafrika als nächstes bereist (und nur gute Erfahrungen gemacht) und jetzt arbeiten wir uns so langsam in das „richtige“ Afrika vor, für das wir jetzt alle bereit sind.

Klimatisch gesehen haben wir es auch gut getroffen: am Anfang (Januar und Februar) war Namibia zwar sehr heiß, aber aushaltbar, durch Südafrika sind wir im südlichen Herbst gefahren, da waren die Tage angenehm warm und die Nächte teilweise sehr kalt (das haben wir nicht so erwartet!). Im südlichen Winter sind wir nun etwas weiter gen Äquator gerückt, so dass es allmählich wieder wärmer wird. Bisher hatten wir auch kaum irgendwo ein Problem mit Mücken, was die Reise (und das Malariaproblem) sehr entspannt gemacht hat.

Thema Reisebudget:
Wir reisen günstiger als gedacht: wir haben durchschnittliche Ausgaben von ca. 85 Euro pro Tag (inklusive wirklich aller Kosten, auch Eintrittsgebühren, Reparatur- und Spritkosten). Wir rechnen jedoch damit, dass es teurer wird je weiter nördlich wir sind.

Thema Erwartungen und Zeit:
Von den vor der Reise formulierten Erwartungen haben sich viele erfüllt, jedoch natürlich nicht alle. Vor allem das Thema „Zeit“ beschäftigt uns nach wie vor. Nie hätten wir gedacht, dass das Reisen an sich – der Alltag – so viel Zeit braucht. Eigentlich hatten wir vermutet, dass es hier viele „Leerzeiten“ geben wird, in denen uns langweilig ist und wir Beschäftigung suchen. Stunden, in denen wir Zeit haben für Gesellschaftsspiele, Handarbeiten, Kreatives, „unnötige“ Verschönerungsarbeiten am Onkel Deutz, etc. Doch diese Leerzeiten gibt es auch hier nicht. Unser Tag ist ausgefüllt mit Schule, Einkaufen, Wäsche, Organisation, Kochen, Essen, Fahren, etc. – ganz wie zuhause.
Doch dafür haben wir etwas sehr Wichtiges gelernt: alles, was wir hier tun – egal was es ist – ist wertvoll, da wir es gemeinsam tun. Die Einstellung „Wenn ich erst einmal … erledigt habe, dann kann ich endlich …. (lesen, entspannen, etc.)“ ist falsch. Nein, wir versuchen jeden Augenblick zu genießen und jeder Situation das Positive abzugewinnen. Die To-Do-Liste bleibt, egal wo man sich befindet, aber wie man damit umgeht, ist entscheidend. Und für das was einem wichtig ist, muss man sich hier wie dort die Zeit einfach nehmen, denn die To-Do-Liste bleibt so oder so. Ich denke, das ist etwas, das wir unbedingt auch mit nach Hause nehmen wollen.

Hoch- und Tiefpunkte:
Die gab es beide. Herausragender Höhepunkt waren die letzten 5 Tage in der Wildnis Botswanas. Aber natürlich auch die Cederberge und Montagu (klettern), Kapstadt und Fatpony (reiten), totale Ruhe und Natur im Nature´s Valley, die Townshiptour in Port Elizabeth, Lesotho und die Drakensberge, Mabuda Farm und der Krüger NP. Jedes auf seine Weise.
Unser erster Tiefpunkt war ein heftiger Streit um unser Teamwork in der Familie (Mitte Februar in Namibia). Ich muss sagen, wir sind viel besser geworden!!
Unser zweiter und heftigerer Tiefpunkt (vor allem emotionaler Art) war Jochens langwierige Krankheit im Mai, die uns in eine ganz schöne Krise stürzte: Die Stimmung war gereizt, wir haben uns alle tagelang angemotzt, und die Dachzelte mussten das ein ums andere Mal als Rückzugsort herhalten (es kam sogar vor, dass einer mal einen kompletten Tag darin verbrachte!). Aber wir haben gelernt, dass nach einem Tief auch wieder ein Hoch kommt.

Konsequenzen für zuhause?
Wir haben sehr interessante Menschen und Kulturen kennengelernt und freuen uns auf weitere Begegnungen. Wir treffen auf verschiedene Lebensmodelle und überlegen, was wir auf uns übertragen können bzw. wollen und führen dadurch immer wieder anregende Diskussionen über unser eigenes Leben und unsere Werte.
Von vornherein haben wir geplant, dass diese Reise eine einmalige sein wird. Wir sind überzeugt, dass wir – wenn wir wieder zuhause sind – mit wenigen Schwierigkeiten in unseren Alltag zurückkehren können und dies auch wollen! Denn wir lieben unser Leben zuhause, so wie es ist! Wir sind nicht auf diese Reise gegangen, weil wir etwas Großes verändern wollen oder weil wir unzufrieden sind. Nein, wir finden auf dieser Reise sogar immer wieder die Bestätigung, dass wir unser Leben gut und sinnvoll leben. Wir sind gern in der Nähe unserer Familie, wir haben gern ein stabiles soziales Umfeld und treffen uns mit unseren Freunden. Wir sind froh, wenn die Kinder fest in eine Klassengemeinschaft eingebunden sind und dadurch Halt erfahren. Ja, das wollen wir alles!
Wir können es uns nicht vorstellen, länger als dieses Jahr unterwegs zu sein. Für uns ist das genau die richtige Auszeit, die wir brauchen. Es ist eine besondere Zeit für uns als Familie, die uns niemand nehmen kann. Wir haben die Möglichkeit über unseren Tellerrand zu schauen und unser Leben zu reflektieren.
Andere Menschen, die wir getroffen haben, haben jetzt schon wieder ein Anschlussprojekt oder zumindest den sehnlichen Wunsch danach. Wir haben uns das überlegt und gesagt: „Nein, das brauchen wir nicht!“ Wir brauchen nicht die Aussicht, in x Jahren wieder auf Tour zu gehen, damit wir uns auf etwas freuen können. Wir wollen unseren Alltag zuhause zufriedenstellend gestalten (so oder besser, wie wir das bisher getan haben – auch wenn es uns nicht immer gelingen wird, auch das ist klar). Und doch wissen wir, dass das bestimmt nicht unser letztes Abenteuer im Leben ist … 🙂 !

Was wir uns für die zweite Halbzeit vornehmen:
Weitermachen wie bisher. Wir werden es zwar nicht mehr schaffen, etwas (Neues, z.B. surfen oder kyten) richtig gut zu lernen, so wie wir es uns vorgenommen hatten, weil hier einfach nicht die Möglichkeit dazu besteht. Dafür wollen wir noch mehr Begegnungen mit Menschen und Kulturen fördern und die Zeit einfach genießen. Silas hat vorgeschlagen, dass wir noch ein weiteres gemeinsames Familienprojekt angehen (was, wird noch nicht verraten) und wir alle wollen noch gern irgendwo ans Meer zum Schnorcheln. Das lässt sich bestimmt realisieren.

Und wir versprechen eins: es bleibt spannend bei uns bis zum Schluss!