Am Donnerstag also machen wir uns gleich morgens mit dem Taxifahrer Alex auf in die äthiopische Botschaft. Fahrzeit: eine Stunde mitten durch die Stadt.
Vor dem Botschaftsgebäude sind Soldaten mit Maschinengewehren positioniert. Aber das gehört hier zum normalen Stadtbild, wie wir noch lernen werden. Am Eingang muss man sich durchleuchten lassen und alle Taschen abgeben. Dann gelangt man in einen Warteraum, der mit gemütlichen Sofas und einem Fernseher bestückt ist. Es sitzen Menschen aller möglichen Kulturen hier: Männer in Anzug und Krawatte, Frauen im Tschador, Kinder in farbenprächtigen lila Kleidern und lilafarbenem Kopftuch mit goldenen Stickereien, Männer in langen weißen Gewändern, weiße Touristen, Chinesen, etc. Wir setzen uns dazu. Irgendwann werden wir an einen Schalter gerufen. Wir bringen unser Anliegen vor. „You have to speak to the counsellor lady in the office. Please wait!” Wir setzen uns also wieder hin bis wir schließlich zur “Eisernen Lady” (wie sie hier von allen genannt wird) vorgelassen werden. Sie teilt uns in aller Kürze mit, dass sie nur kenianischen Staatsangehörigen ein Visum erteilen kann und wir eine Sondergenehmigung des Botschafters benötigen.
Dafür müssen wir ganz aus dem Gebäude hinaus und außen um den Block herumlaufen. Schließlich gelangen wir wieder an ein großes Tor. Der Torwärter öffnet ein kleines Fenster und fragt, was wir hier wollen. Er telefoniert mit jemandem im Botschaftsgebäude, dann reicht er den Telefonhörer Jochen weiter. Jochen erklärt auf Englisch, warum wir hier sind. Ok, wir müssen warten. Der Botschafter ist in einer Besprechung. Vor 14 Uhr brauchen wir nicht wiederkommen, denn bis dahin mache er Mittag.
Ok, dann gehen wir auch etwas Essen. Unser Taxifahrer wartet die ganze Zeit auf uns und fährt uns nun in die Stadt. Hier essen wir den leckersten Burger seit langem und können sogar Telefonkarten fürs Handy kaufen. Immerhin.
Punkt 14 Uhr sind wir zurück vor dem großen Tor. Erneute Telefongespräche mit dem „Innenleben“. Auch Jochen darf nochmal ran an den Hörer. Schließlich fragt uns der Torwächter, ob wir von unserer deutschen Botschaft einen Brief haben, der besagt, dass wir „auf der Straße“ reisen. Wir verneinen und erzählen ihm, dass die deutsche Botschaft keinerlei Briefe ausstellt. Jochen möchte schon nachgeben und zur deutschen Botschaft versuchen, da werden wir plötzlich doch durchs Tor in eine Art Wartehäuschen gelassen. Dann nähert sich uns plötzlich ein Mann in Anzug und Krawatte. Es ist der Konsular Mr. Boje. Er ist sehr freundlich und nimmt unsere Daten und unser Anliegen auf, schreibt alles in ein kleines Notizbüchlein. „I will go to the ambassador and talk to him about you. I´ll be back soon”, teilt er uns mit.
Wieder vergeht eine Viertelstunde. Er kommt: „Do you have a letter of recommendation from your embassy?“, fragt er. Wir erklären auch ihm, was wir dem Torwärter bereits gesagt haben. Nach einigem Hin- und Her bekommt er plötzlich einen Anruf auf sein Handy und dann heißt es plötzlich: „Ok, the ambassador gives you the permission! You can go to the office now and apply for the visa.“ Wir wundern uns, ob er vielleicht verwanzt ist und der Botschafter so unsere Diskussion mitanhören kann – oder warum sonst kommt plötzlich dieser Anruf?
Wir denken, nun ist alles geritzt. Also wieder um den Block herum, zurück ins erste Wartezimmer. Warten, aufgerufen werden, 5 Formulare erhalten, Formulare penibel ausfüllen, warten. Die Eiserne Lady ist jetzt in einer Besprechung. Es ist 15.30 Uhr. Wir beschließen, uns jetzt nicht abwimmeln zu lassen, denn der Botschafter hat uns ja das ok gegeben und wer weiß, was morgen sein wird. Wir warten und warten. Zwischendurch fragt uns der Beamte am Schalter, wann wir eigentlich nach Äthiopien wollen und als wir antworten, in ca. 3 Wochen, sagt er, dann können wir das Visum erst in 3 Wochen beantragen, denn es würde ab sofort gelten und dann aber nur für 4 Wochen. Wir lassen uns nicht beeindrucken und warten weiter.
Es wird 17.15 Uhr, die Eiserne kommt und lässt uns sogar noch in ihr Büro, aber nur um uns zu sagen, dass wir morgen wiederkommen sollen. Und wir dürfen die Anträge mit den Pässen nicht dalassen, die müssen wir auf jeden Fall wieder mitnehmen. Wir kommen nicht dagegen an, schnappen also den ganzen Papierkram und verlassen erschöpft die Botschaft. Das Taxi wartet noch, nach 1,5h Fahrzeit sind wir zurück in der Jungle Junction. Für den Spaß mit dem Taxi lassen wir kleine 90 US-Dollar liegen. Uff! Und das mit ungewissem Ausgang.
Am nächsten Tag, es ist inzwischen Freitag, fahren wir schon um 7.30 Uhr los, damit wir pünktlich zum Öffnen der Botschaft vor dem Tor stehen. Die Kinder haben Schulhefte und Kartenspiele dabei, damit wir die Wartezeit einigermaßen sinnvoll nutzen können. Wir sind die ersten und dürfen sogar sofort ins Büro der Eisernen Lady. Nun endlich können wir unsere Anträge abgeben. Kurz darauf werden wir von ihr wieder hineingerufen, wir sollen noch den Manager des von uns als Ziel angegebenen Hotels und seine persönliche Telefonnummer auf dem Antrag eintragen. Wir googeln kurz irgendwas und schreiben es dann auf alle fünf Anträge, geben sie wieder ab. Nun jedoch sollen wir noch unsere geplante Reiseroute auf die Rückseite eintragen. Wir nehmen den Reiseführer und planen eine fiktive Route. Wieder eine halbe Stunde später ist auch das fertig. Wieder stehen wir vor der Eisernen. Diesmal meint sie, alles sei ok und wir sollten jetzt mit den Anträgen und den Pässen zum Botschafter, er müsse unterschreiben. Da muss ich sehr an mich halten, um nicht auszuflippen. Geht´s eigentlich noch? Sind wir hier denn die Deppen vom Dienst? Aber nein, immer schön freundlich bleiben!
Also, wieder raus, ums Gebäude herum, vor dem Tor stehen, mit dem Innenleben telefonieren und schließlich tatsächlich Pässe abgeben. Leider ist der Botschafter gerade nicht da und wir sollen warten… Das tun wir im Warteraum der Eisernen Lady.
Halb 12 stehen wir dann wieder vor dem Tor des Botschafters. Er ist immer noch nicht da und bekanntlich ist bald Mittagspause. Wir laufen etwas an der Straße auf und ab, weil man eigentlich nicht vor dem Botschaftstor „herumlungern“ darf. Dann erhalten wir plötzlich einen Anruf auf dem Handy und bekommen den Bescheid, dass unsere Anträge plötzlich unterschrieben sind und wir wieder zur Eisernen Lady dürfen!
Nichts wie hin: Tür, Scanner, Warteraum mit Sofas und Fernseher. Die Eiserne ruft uns ins Büro: Sie hat unsere Anträge und Pässe. Wir sehen die Unterschrift des Botschafters: Wow, wir dürfen nun zahlen gehen!
Das heißt: Raus aus der Botschaft, mit dem Taxi zu einer etwa 4 km entfernten Bank fahren, 5×60 US-Dollar auf den Tisch legen und „überweisen“, dann wieder zurück zur Botschaft, rein, Warteraum, etc.
Wieder im Büro: Nun geht es noch ums Datum: Wann wir denn nach Äthiopien wollen, fragt die Eiserne. Wieder erklären wir, dass wir erst in 3-4 Wochen einreisen können. Wow, sie nickt und setzt nun tatsächlich auch ihre Unterschrift auf den Antrag!!!! Jetzt sollen wir nur noch darauf schreiben, welche Länder wir schon besucht haben.
Aber erst einmal ist Mittagspause. Auch wir gehen etwas Essen. Um 14 Uhr sind wir wieder da. Und tatsächlich: um 15.00 Uhr erhalten wir unsere Pässe samt 3-Monats-Visum (!).
Noch fast eine Stunde Warten geht drauf, weil wir heute das Taxi fortgeschickt haben, dann eine gute Stunde Fahrzeit und wir sind gegen 17 Uhr in der Jungle Junction. Was für Tage!
Na das ging ja total fix!!!!
TIA…this is africa. Bewundere Eure Nervenstärke und Durchhaltevermögen. Da ist deutsche Bürokratie und Verwaltung dann gar nicht so schlecht: funktioniert wenigstens effizient.