Heute ist es so weit: Gaby verlässt uns und macht sich auf den Weg nach Deutschland zurück. Ein letztes gemeinsames Frühstück, Rucksack packen, ihre Rückfahrt organisieren – ja, und dann stehen wir da. Ich glaube, alle haben Tränen in den Augen. Nur die Erwachsenen können es besser verbergen. Es war schön, sie bei uns zu haben – für uns auch eine Verbindung nach Hause.
Gaby nach Süden, wir auf nach Norden – leider mit 5 km/h zu schnell, denn wir werden bald nach Chitimba mit 55 km/h geblitzt und müssen 5000 Kwacha (6,50 Euro) Strafe zahlen – wir konnten uns leider nicht rausreden.

Bis Karonga sind es 65 km, dort frischen wir unsere Vorräte auf dem „black market“ auf. Es gibt das Übliche: Tomaten, Zwiebeln, Bananen, Eier, weißes Toastbrot. Dann tanken und eigentlich wollen wir noch Gas auffüllen, die Firma hat jedoch geschlossen und es sieht so aus, als ob man nur Gasflaschen kaufen, nicht aber füllen könnte. Also weiter. Die Grenze ist nicht mehr fern, vorher brauchen wir aber noch einen Essensstopp. Mit leerem Magen fährt es sich nicht gut über eine Grenze.

Es gibt Gegenden, in denen ist es besonders schwierig, einen ruhigen Ort für eine Mittagspause zu finden. Wir sind schon daran gewöhnt, dass man hier in Malawi nie seine Ruhe hat und immer Leute vorbeikommen, einen ansprechen, winken oder hereinschauen. Aber so war es dann doch noch nie: kaum stehen wir und haben unser Essen ausgepackt, sammelt sich eine immer größer werdende Menge an Kindern um unseren Onkel bzw. um uns. Es ruft, es lärmt, es hüpft und es klettert um uns herum. Wir versuchen zwar, die Kinder zu ignorieren und möglichst wenig Blickkontakt herzustellen, aber dabei fühlt man sich dann auch nicht wohl und eigentlich möchte man am liebsten schnell wieder weiter. So richtig Erholung ist das nicht …

Und dann kommt die Grenze: man erkennt sie schon von weitem anhand des LKW-Staus. Das Auschecken auf der malawischen Seite geht recht einfach und schnell:
Am Gate muss man sich in ein großes Buch eintragen (Datum, Name, Uhrzeit, Nationalität, woher und wohin, Kennzeichen), dann parkt man und geht in ein Büro, um dort ein weiteres Formular auszufüllen (Name, Geburtsdatum, Adresse, Beruf, woher und wohin, Passnummer, Ausstellungsbehörde, Ausstellungsdatum – natürlich eins pro Person). Dann bekommen wir den Ausreisestempel und an einem anderen Schalter noch einen Stempel für das Carnet (Autopapiere). Rein in Onkel Deutz, 10m fahren bis zur nächsten Schranke, wieder kommt jemand mit einem großen Buch (s. Start: Datum, Name, Uhrzeit, … alles nochmal), die Schranke wird geöffnet und tatsächlich, nach weiteren 30m kommt nochmal ein Gate und ein Buch. Ok, wieder das Gleiche. Dann sind wir durch.
Wir überqueren den Grenzfluss und parken auf der tansanischen Seite vor dem Bürogebäude. Es macht alles einen recht geordneten Eindruck. Wir gehen an den Visa-Schalter. 50 US-Dollar pro Person. Ok, das wussten wir schon. Pässe abgeben, 250 Dollar auf den Tisch legen und warten. Geht sogar ziemlich schnell (ca. 15 Minuten).
Jetzt kommt das Carnet an die Reihe. Wir brauchen einen Einreisestempel. Der Beamte möchte aber, dass wir zuerst die Roadtax bezahlen. Dafür braucht er eine Kopie des Ausweises und es Visums vom Fahrer und eine Kopie des Führerscheins. Leider ist sein Kopierer seit zwei Wochen defekt, deshalb müssen wir ein paar Gebäude weitergehen, dort kann man gegen Bezahlung kopieren. Er will dann 85 US-Dollar für die Straßensteuer von uns und zwar in Tansanischen Schilling. Das ist ein happiger Preis, der nur LKWs auferlegt wird. Während Autos nur eine kleine Pauschale bezahlen müssen, wird bei LKW´s 6 US-Dollar pro 100 in Tansania gefahrene Kilometer berechnet.
Die Wechselstube ist wieder ein paar Gebäude weiter. Schließlich legen wir alles auf den Tisch. Der Beamte tippt stundenlang irgendwelche Daten in seinen Computer. Eine halbe Stunde später hat er einen Ausdruck für mich (die „Rechnung“), mit der darf ich in ein anderes Büro laufen, um zu zahlen. Hier sitzt eine dicke bunte afrikanische Mama und starrt auf einen Fernseher, der im Büro an der Wand hängt. Es läuft eine südafrikanische Soap. Sie ist so fasziniert, dass sich mich kaum begrüßt. Dann findet sie das richtige Buch nicht, in das sie wieder irgendwelche Daten eintragen muss. Es liegt schließlich auf dem Boden hinter ihrem Schreibtisch und ich muss es für sie aufheben, weil sie nicht hinkommt.
Da das Fernsehen wichtiger ist, als Kunden zu bedienen, dauert das Bezahlen und Zettel schreiben nochmals 20 Minuten. Ich bekomme einen neuen Wisch Papier und laufe damit wieder zurück zum ersten Schalter. Nach einer weiteren gefühlten halben Stunde Wartezeit bekommen wir unser Carnet und eine Bestätigung, dass wir die Roadtax bezahlt haben. Uff, nichts wie weg hier.

Wir fahren noch bis Tukuyo. Schlagartig nach der Grenze scheint sich die Landschaft, die Menschen, die Fahrzeuge auf der Straße, die Marktstände, einfach alles zu ändern. Plötzlich gibt es eine Menge Motorradfahrer – das hatten wir bisher noch nie! Auch die Landschaft ist sehr grün, üppig wuchern die Bananenstauden am Straßenrand, man sieht große Kaffeeplantagen, es wir sehr bergig und bei Sonnenuntergang ergibt das wunderschöne Farben. Die Menschen in noch mehr bunte Tücher gehüllt als in Malawi und es scheint ihnen wirtschaftlich etwas besser zu gehen, denn man sieht plötzlich kleine Restaurants und Kneipen.

Wir sind dennoch froh, als wir kurz vor Einbruch der Dämmerung an einem sehr einfachen Campingplatz ankommen. Das Klo ist ein Loch, aus der Dusche kommt kein Wasser, aber man kann sich eine Kanne Wasser über den Kopf schütten – dort wo eigentlich die Dusche sein sollte…
Dies ist unser erster afrikanisch geführter Campingplatz, also der erste, der nicht einem Europäer oder Südafrikaner gehört bzw. gehört hat. Immerhin.