Rückblick 31.10.2016
Einen Tag Pause haben wir gebraucht: Gestern haben wir den Luxus eines Appartements genossen, das wir ganz für uns allein haben. Die Kinder freuen sich wie die Schneekönige über die Badewanne mit Massagedüsen, ich freue mich vor allem über das Essen. Wir gehen noch einmal zum Supermarkt und können uns kaum bremsen. Am liebsten würde ich einfach alles kaufen und alles essen. Diese Auswahl an leckeren Sachen ist einfach der Wahnsinn! Wir verbringen Stunden damit, durch dieses Schlemmerparadies zu laufen! Erst jetzt fällt mir auf, dass wir doch auf so einiges verzichtet haben in den letzten Monaten … Zum Abendessen brate ich frischen Lachs an (haben wir seit fast einem Jahr nicht mehr gehabt), dazu gibt es Kartoffeln und Brokkoli. Mmmh!
Zur Verdauung gehe ich noch eine Runde joggen, wie soll ich sonst das viele Essen verkraften?

Ach ja, und nicht zu vergessen: das „kleine“ Erdbeben an diesem Morgen haben wir deutlich gespürt. Das Epizentrum liegt ca. 200 km von uns entfernt, und um viertel vor neun schwankt die Erde ganz ordentlich! Ich bin gerade im Badezimmer und habe erst das Gefühl, mein Kreislauf spinnt, bis ich merke, dass das ganze Haus bebt. Juli und Silas kommen die Treppe unseres Appartements heruntergerannt: „Was ist das? Alles wackelt!“, rufen sie. Ich sehe die Hängelampe über unserem Esstisch ganz heftig hin- und herschwanken. Wow, ein Erdbeben! Ganz schön beängstigend. Zum Glück ist nichts passiert!

Was ganz Afrika nicht geschafft hat, das hat jetzt Rom geschafft: Juli fühlt sich nach dem Essen elend und dann spuckt sie die ganze Nacht durchgehend ca. alle zwei Stunden bis sie wirklich nicht mehr kann. Sie gibt so ziemlich alles von sich und noch mehr. Wir können uns nicht erklären, wo das plötzlich herkommt, schließlich haben wir alle das Gleiche gegessen und haben denselben Menschen die Hände geschüttelt. Egal, so ist es – schlimmer, als wir es auf der ganzen Reise jemals hatten. Am nächsten Morgen ist klar: Juli geht heute nirgendwo hin. Auch der Rest der Familie ist etwas geplagt von der schlaflosen Nacht.
Nach einigem Hin und Her am Frühstückstisch entscheiden wir uns, dass wir uns heute trennen: Jochen bleibt mit Juli im Appartement (er war ja auch schon mal in Rom), Silas und ich fahren mit der Metro in die Stadt. Mio hat keine Lust auf Stadt und bleibt auch lieber da.

Ich mache mich also mit Silas allein auf den Weg. Das ist auch mal sehr schön, wir freuen uns! Mit dem Zug und der Metro brauchen wir eine gute halbe Stunde bis zum Circo Massimo. Wir haben weder einen Reiseführer noch sehr viel Ahnung von Rom, deshalb lassen wir uns einfach von unserem Instinkt leiten. Denn eigentlich ist unser Speicher eh schon voll, und wir wollen Rom einfach nur mal beschnuppern.
Wo sollen wir also als erstes hin? Das einzige, von dem wir schon vorher mal etwas gehört haben, ist das Kolosseum. Also ist das unser erstes Ziel. Ja, und zum Glück habe ich am Vortag in aller Schnelle noch eine Rom-Reiseführer-App auf mein Handy geladen, die auch offline zur Verfügung steht. Da sind immerhin eine Karte und eine Beschreibung der größten Sehenswürdigkeiten drin. Außerdem haben wir einen Stadtplan dabei, den wir uns im Vorbeigehen im Flughafen geschnappt haben. So gewappnet machen wir uns auf den Weg durch den Triumphbogen zum Kolosseum. Wir lesen uns ein bisschen ein und finden das Ganze wirklich beeindruckend! Anschließend drängen wir uns durch die Menschenmassen in Richtung Foro di Agosto. Vor dem Palatino und dem Forum Romanum gibt es kilometerlange Schlangen. Das macht uns nichts, denn fürs Erste gibt es von außen schon wahnsinnig viel zu sehen in Rom.
Ehrfürchtig stehen wir vor so viel Glanz und Gloria aus vergangenen Zeiten. Egal ob Kirchen, Paläste oder alte Bauten aus der Römerzeit. Diese Stadt hat es wirklich in sich. Wir schlendern vorbei am protzigen Monumento für Emanuele II. und kaufen uns ein Brötchen zum Mittagessen, das wir am Ufer des Tibers verzehren.
Besonders genießen wir diese klare Herbstluft, die uns völlig von den Socken haut. Bei 27 Grad Tagestemperatur lässt es sich auch in der Sonne noch aushalten. Beide gemeinsam stellen wir fest, dass es schön ist, nichts Besonderes mehr zu sein. Wir können einfach in der Menge der Touristen untertauchen, wir sehen aus wie jeder hier, keiner hält uns für etwas Außergewöhnliches. Etwas, das man unbedingt ansprechen muss. Etwas, von dem man am liebsten die Email-Adresse haben möchte oder dem man etwas verkaufen kann. Nein, wir sitzen hier ganz ungestört und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen, zu unseren Füßen plätschert der Tiber.

Auf der anderen Seite des Flusses tauchen wir ein ins Stadtviertel Trastevere mit seinen vielen kleinen Restaurants, Eisdielen, Cafes und Straßenständen. Eine Gasse sieht netter aus als die andere. Wir kaufen ein Eis – auch eine absolute Ausnahme in den letzten Monaten (essen für Karen aus Kairo gleich eins mit, wie aufgetragen!) und genießen es, während wir durch die kleinen Straßen schlendern. Kein Autoverkehr, kein Lärm, kein Müll und kein Staub trübt das Bild (höchstens die vielen Touristen, die hier zu Tausenden hindurchströmen). Die Marienkirche S. Maria Trastevere – laut der Rom-Reiseführer-App eine der ältesten Marienkirchen Roms – empfängt uns mit übermäßigem Prunk und Gold. Was für eine Macht muss eine Organisation haben, die so viel Reichtum und damit Einfluss besitzt!
Wir überqueren abermals den Tiber und machen uns über den Piazza Navona und vorbei an noch mehr Prunkbauten auf den Rückweg zur Metro.
Der Versuch, noch kurz eine italienische SIM-Karte zu erstehen, ist leider erfolglos. Ich bin nicht bereit, 40 Euro dafür auszugeben …. Kurz vor Einbruch der Dämmerung kommen wir nach einem schönen Tag wieder in unserem Appartement an. Rom ist definitiv eine Stadt, in der man gut eine Woche verbringen könnte.

Und wie ist es der kranken Juli inzwischen ergangen? Sie erholt sich und schaut schon etwas munterer aus der Wäsche: Cola und Salzkekse bleiben drin und das ist die Hauptsache! Jetzt hoffen wir, dass wir morgen gemeinsam den Vatikan und einen weiteren Teil von Rom anschauen können! Jochen und Mio haben am Mittag noch einen Einkaufstripp in den Supermarkt gemacht – das scheint so eine unserer Lieblingsbeschäftigungen zu werden! Und da habe ich im Moment nichts dagegen!

Leider müssen wir schon wieder organisieren: „Unser“ Schiff, das unseren Onkel in Alexandria abholen soll, hat heute laut Schiffstracker in Salerno angelegt. Allerdings noch ohne Onkel, denn es befindet sich auf dem „Hinweg“. Das kann noch dauern … Am 2. November müssen wir aus unserer Ferienwohnung in Rom hinaus. Wir suchen also etwas Neues – wahrscheinlich in der Nähe von Salerno. Und einen Mietwagen ….