Nach dem Besuch bei den Massai legen wir am Dienstag zunächst einen Ruhetag in Arusha ein, um all die Eindrücke zu verdauen und nachwirken zu lassen.

Am Mittwoch, den 16.8. stehen wir dann sehr früh auf, denn eine lange Fahrt samt Grenzübergang liegt vor uns. Wir wollen an diesem Tag die rund 250 km in einem Rutsch bis Nairobi schaffen. Los geht es um halb acht, leider hat der Supermarkt noch nicht offen, so dass wir kein Brot mehr für die nächsten Tage bekommen. Die Rushhour in Arusha ist schon in vollem Gang, und es zieht sich bis wir die Stadt hinter uns lassen können.

Am Stadtausgang werden wir von der ersten Polizeisperre gestoppt. Führerschein- und Fahrzeugkontrolle. Wir sehen schon an der Miene des Polizisten, dass er es nicht gut meint mit uns. „You don´t have reflecting stickers on the sides of your truck! This is obligatory!”, ermahnt er uns. Ok, wir steigen aus und gehen mit ihm zum Polizeiauto. Hier zeigt er uns eine gedruckte Regel, nach der LKW´s rechts und links seitlich einige Reflektoren haben müssen. Wir entgegnen: „We are not a truck. And we have been travelling through Tanzania for more than 3 weeks. We have already passed a lot of police controls and none of them told us that we would need anything like that.” Aber er lässt sich nicht überzeugen. Er möchte 100.000 Shilling von uns, das sind umgerechnet ca. 60 Euro. Wir erklären ihm, dass wir gerade unsere letzten tansanischen Shillingain der Tankstelle ausgegeben haben und wir jetzt in ein paar Kilometer über die Grenze nach Kenia fahren werden. Er gibt uns einen Rabatt und möchte nur noch 30.000 Shilling. Wir geben ihm, was wir noch übrighaben und das sind 19.000 Shilling, also ca. 11 Euro (in Wirklichkeit ist es natürlich mehr).

Wir fahren weiter und kommen durch eine sehr trockene Gegend von Tansania. Hier wüten Sandstürme und nehmen einem teilweise komplett die Sicht. Zwischen den Stürmen jedoch ist der Himmel ausnahmsweise fast wolkenlos und wir genießen freie Sicht auf den Kilimandscharo und den Mount Meru. Also doch noch! In den trockenen Ebenen sehen wir, wie die Massai ihre Rinderherden über das Land treiben – ein beeindruckender Anblick.

Einige Kilometer später wartet die nächste Polizeikontrolle auf uns. Zum Glück winken sie uns nach einem kleinen Plausch durch. Wir nähern uns der Grenze nach Kenia. Da kommt wieder einmal ein Schild mit 50 km/h Geschwindigkeitsbegrenzung. Jochen bremst bereits vor dem Schild auf unter 50 herunter – man hat ja Erfahrung! Wir achten beide darauf, dass Onkel Deutz die Geschwindigkeit einhält. Und trotzdem: die Polizeikontrolle am Ende dieses Ortes stoppt uns wieder. Der Polizist erzählt uns, dass wir zu schnell gefahren wären. Er hat sogar ein Foto als Beweis, das 56 km/h gemessene Geschwindigkeit anzeigt. Zuerst steigt Jochen aus. Diesmal wollen wir auf keinen Fall bezahlen. Vor allem, weil wir sicher sind, dass wir die 50 genauestens eingehalten haben. Wir fangen also wieder an zu diskutieren. Ich steige auch noch aus. Der Polizist will auch mir das Beweisfoto zeigen. Aber ich will es nicht sehen: „I don´t want to see your foto, I am sure we did not overspeed.“ Wir verlieren beide etwas die Geduld, und ich sage: „We are leaving now. We really didn´t do anything wrong!” und dann laufe ich einfach auf unseren Truck zu. Jochen folgt mir. Wir steigen ein und fahren los, die Polizisten machen keine Anstalten uns zu folgen. Allerdings haben sie noch Jochen laminierte Führerscheinkopie. Aber das ist ein verschmerzbarer Verlust. Die einzige Sorge, die wir jetzt haben, ist, dass sie entweder bei der nächsten Polizeikontrolle oder aber bei der Grenze anrufen, damit diese uns aufhalten. Wundersamerweise passiert nichts dergleichen und wir kommen unbehelligt bis zur Grenze.

Dort herrscht das reinste Chaos: Man kann nicht einmal erkennen, wo genau die Grenze verläuft und prompt landen wir schon auf der kenianischen Seite, ohne dass wir bemerken, wo wir hätten auschecken sollen. Es ist alles voller Menschen und mittendrin ein Haufen Massai-Frauen, die irgendwelchen Schmuck verkaufen wollen. Wir parken also quasi mittendrin vor einem Häuschen. Sofort nehmen sich uns zwei junge Männer an, die uns zum tansanischen Grenzposten begleiten wollen und einer, der auf Onkel Deutz aufpasst. Wir hätten sie gleich abwimmeln sollen!!!
Wir checken also auf tansanischer Seite aus, dann gehen wir zur kenianischen auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein paar Häuser weiter und beantragen die Visa. Diesmal kostet es „nur“ 50 US-Dollar pro Erwachsener, die Kinder sind frei. Wieder müssen wir eine Roadtax bezahlen (1300 Kenianische Shilling, das entspricht ca. 12 Euro), das Carnet wird nach längerer Bearbeitungszeit abgestempelt und dann wollen wir eigentlich noch eine Gelbfieberimpfung für die Kinder holen – die gibt es nämlich nur hier an der Grenze (und nicht im Krankenhaus). Wir stellen uns brav in die Schlange am „Health Center“, dabei werden wir von mindestens 4 Massai-Frauen gleichzeitig bearbeitet, die uns Schmuck verkaufen wollen. Als wir endlich am vorderen Ende der Schlange angelangt sind, meint der lässig im Stuhl lümmelnde Arzt: „Did somebody force you to come here?“ – „No, but we think it´s a good prevention“. Daraufhin meint er, dass es in Kenia gerade keinerlei Gelbfieberfälle gäbe und wir die Impfung auch lassen könnten. Naja, wir sind uns sowieso unschlüssig, ob sie wirklich sinnvoll ist und entscheiden dann, dass wir sie tatsächlich erst einmal aufschieben bis die Notwendigkeit dafür tatsächlich besteht.

Nun möchten die beiden jungen Männer das Geld für ihre „Führung“ erhalten, Jochen fragt, welchen Betrag sie sich vorstellen, und sie antworten: 3900 Shilling. Jochen überschlägt kurz, dann zückt er den Geldbeutel und zahlt. Bei mir leuchtet ein rotes Lämpchen: „Wie war der Umrechnungskurs nochmal? 1000 Shilling sind doch 9 Euro!“ Ich mache Jochen darauf aufmerksam, dass er den beiden gerade 35 Euro in die Hand gedrückt hat. Er hat noch den tansanischen Umrechnungskurs im Kopf gehabt und da war eine Null mehr dabei, er dachte also, es wären nur ca. 4 Euro gewesen. Mist! Wir konfrontieren die beiden sofort mit dem Irrtum, sie aber finden ruckzuck eine Ausrede und sind über alle Berge. Wie ärgerlich!! Ja, und der junge Mann, der auf unseren Onkel Deutz während der letzten 2 Stunden aufgepasst hat, möchte natürlich auch noch Geld!

Ziemlich verärgert über unseren eigenen Fehler und das Chaos verlassen wir die Grenze. Das war wirklich der sinnlosteste und chaotischste Grenzposten seitdem wir in Afrika sind. Es wurde nicht ein einziges Mal kontrolliert, ob wir tatsächlich unsere Pässe irgendwo vorgelegt haben – hier könnte jeder ohne Kontrolle problemlos die Grenze überqueren!

Weiter geht´s. Es ist inzwischen nach Mittag, wir essen während der Fahrt die Reste vom gestrigen Mittagessen und setzen die Reise fort. Die Straße ist gut und wir sind frohen Mutes noch am Nachmittag Nairobi zu erreichen. Dann schickt uns unser GPS auf eine Umgehungsstraße von Nairobi. Da wir sowieso auf die Westseite müssen, scheint das auch tatsächlich die beste und kürzeste Route zu sein. Nur dass der Straßenbelag eine absolute Katastrophe ist! Eigentlich ist vom Belag nichts mehr vorhanden, und wir können nicht glauben, dass wir 70km vor der Hauptstadt eine solch elende Straße fahren müssen. Aber es ist wahr und diese letzten Kilometer ziehen sich wie ein Kaugummi, weil wir größtenteils nur noch 15 km/h fahren können. Es wackelt, hopst und schaukelt trotzdem so sehr, dass wir sogar die Töpfe aus dem Fach auf den Boden räumen müssen wie auf den schlimmsten Offroad-Tracks.

Schließlich kommen wir sehr erschöpft kurz vor Einbruch der Dämmerung bei J´Js (Jungle Junction – DER Overlandertreffpunkt und Campingplatz in Nairobi) an. Hier sind schon Annette und Stefan, die wir aus Arusha kennen, sowie ein holländisches und ein österreichisches Päarchen, die alle in ihren Trucks über Äthiopien und Sudan nach Ägypten wollen. Wir bekommen gleich die besten „Äthiopienvisa – wie schaffe ich es?“ – Geschichten zu hören und freuen uns schon auf den nächsten Tag, an dem wir auch unsere Visa beantragen wollen.