Wir sind in Cape Maclear im südlichen Teil des Malawisees. Es ist wunderschön hier, wir campen direkt am Strand mit Blick das tiefblaue Wasser, die Fischerboote und den traumhaften Sonnenuntergang. Die vorgelagerten Inseln und die über uns kreisenden Weißkopfseeadler machen die Idylle perfekt. Was für ein Paradies!
Aber kein Paradies ohne Schattenseite …


…  Wir befinden uns direkt im Fischerdorf Chembe, die Einheimischen leben mit und vom Wasser. Das heißt, sie benutzen es zum Waschen ihrer Wäsche, ihres Geschirrs und natürlich auch ihrer selbst. Das erhöht die Gefahr von Bilharziose. Bilharziose ist eine Krankheit, die in tropischen Gewässern vorkommt und durch Urin von Mensch zu Mensch übertragen wird. Es handelt sich um eine Art Wurm, der in die Haut eindringt und durch die Adern bis zur Blase wandert. Dort legt er wiederum Eier, die dann durch den Urin ausgeschieden werden. Will man irgendwie nicht haben ….
Wir verkneifen uns also das Baden an diesem Strand, auch wenn es schwerfällt. Juli ist ganz schön sauer mit mir und dem schönen Strand und dem Wasser. Aber wir einigen uns darauf, dass wir ein Kanu mieten und zu einer der Inseln rudern, wo das Wasser sauberer und die Bilarziosegefahr geringer ist.

Doch zunächst ist einmal wieder Schulunterricht angesagt. Die Kinder streiten darum, wer heute drinnen im Onkel Deutz sitzen darf und wer draußen arbeiten muss. Drinnen ist beliebter, weil man dort ungestört von Wind, Sonne und vorbeischlendernden Verkäufern arbeiten kann. Mio ist eigentlich mit draußen dran, sie macht aber ein Riesentheater …. Reisealltag mit Kindern! Aber sie kriegt sich wieder ein, und nach zwei Stunden sind alle fertig. Wir haben ja jetzt sogar noch Gaby dabei, die beim täglichen Unterricht mithilft. Ihr Französisch ist gar nicht so schlecht ….

Den Nachmittag verbringen wir mit einer langen Strandwanderung. Jochen kommt nicht mit, er hat sich eine Erkältung eingefangen und freut sich über eine ruhige sturmfreie Bude.
Die Wanderung entlang des Strandes entpuppt sich als Spießroutenlauf: Alle paar Meter werden wir von Strandverkäufern angesprochen: „Please, just have a look! I make a nice bracelet for you! You don´t have to buy anything. Just have a look, pleeeeaaase!” Ok, wir schauen uns die Bilder, den Schmuck, das Obst, die Fische, die Holzschnitzereien und allen möglichen Schnickschnack an, den wir nicht brauchen können. Ja, und natürlich kaufen wir auch was: Juli und Mio erstehen eine neue weite Stoffhose in wunderschönen bunten Farben, ich kaufe mir ein Tuch, das ich als „Not-Rock“ benutzen kann, wenn ich mal einen brauche. Außerdem erstehen wir ein paar Halsketten als Mitbringsel für zuhause und drei Tigerfische zum Abendessen. Jedes Mal sind harte Preisverhandlungen involviert. Die Preise in Malawi sind alles andere als günstig. Zwar schlagen sie für Touris immer noch gehörig etwas drauf, aber selbst für die Einheimischen sind die Grundpreise relativ hoch. Das Verhandeln macht mir Spaß, aber es gehört eine gute Prise Fingerspitzengefühl dazu: einerseits nicht zu viel zu bezahlen, andererseits den Preis nicht unter die Schmerzgrenze zu treiben und dabei beleidigend zu sein. Ich weiß nicht, ob es mir immer gelingt…

Die Strandwanderung führt uns an unzähligen Lodges unterschiedlichster Preisklassen vorbei. Einige haben ihren eigenen Swimmingpool, einen grünen Rasen und Liegestühle. Je weiter wir uns dem „Otter Point“ und dem Nationalpark nähern, desto nobler werden die Lodges und desto leerer wird der Strand. Doch selbst hier an der Grenze zum Schutzgebiet gibt es noch Menschen, die hier Wäsche waschen. Also auch kein Badegebiet.
Unsere Wanderung endet am „Visitorcenter“ für den Nationalpark kurz vor dem Otter Point. Hier sitzen drei Männer (Angestellte der Regierung, zuständig für das Einziehen der Nationalparkgebühr) gelangweilt auf Steinen vor drei ziemlich vernachlässigten Gebäuden. Laut Reiseführer soll es hier ein Aquarium mit Fischen aus dem Malawi-See geben und ein kleines Museum. Die Kinder machen einen schnellen Rundgang und kommen enttäuscht zurück: Das Museum ist verlottert und im Aquarium sind nur noch leere Behälter, ein einziges hat noch ein paar Fische. Ich frage die Angestellten, warum das so ist …. Mit dem typisch deutschen Hintergedanken, dass sie sich ja drum kümmern könnten, wenn sie hier schon so rumsitzen …. Sie erklären mir dann wortreich, dass sie ja kein Material (also Putzmittel, Nägel, etc.) haben, um die Sachen instand zu halten. Und ganz stolz zeigen sie mir einen kleinen wackeligen Zaun, den sie in Eigeninitiative gebastelt haben und der die Touristen davon abhalten soll, die Wiese zwischen den Bäumen zu queren. Ok, hat mich das überzeugt? Ich weiß nicht ….

Auf jeden Fall wollen wir heute die 10 US-Dollar Eintrittsgebühr pro Person für den Nationalpark nicht bezahlen und drehen wieder um. Auf dem Rückweg laufen wir an einer Horde Kinder mit selbstgebastelten Instrumenten vorbei. Ohne nachzudenken frage ich sie, ob sie auch was spielen können. Sofort stellen sie sich professionell auf und geben … von Michael Jackson zum Besten. Gar nicht schlecht! Und dann kommt noch eine zweite Band mit älteren Kindern angerannt. Auch sie wollen für uns spielen. Und natürlich auch wieder Geld dafür. Uff! Wir haben gar nichts mehr, ist alles schon ausgegeben. Es wird etwas schwer, die Kinder wieder loszuwerden, die uns am Strand verfolgen. Aber schließlich geben sie auf. Der Rückweg zieht sich etwas, wir sind doch weitergelaufen, als gedacht.

Am Campingplatz angekommen verhandle ich zum letzten Mal mit dem Fischverkäufer und schließlich noch mit einem der „local guides“. Beide bekommen ihren Deal: Der Guide darf mit uns am Sonntag zu den Inseln zum Schnorcheln rausfahren, und der Fischverkäufer wird seine drei Tigerfische los (ich handle immerhin noch einen Sack Kohle und eine Zitrone raus). Wir kochen an diesem Abend ein typisch malawisches Abendessen: Gegrillter Tigerfisch mit Nsima (Maispap) und Tomaten-Chinese-Cabbage-Soße. Der Fisch ist super, der Nsima zu trocken und die Soße ok. Wir müssen noch etwas üben …. Ich bin ein bisschen stolz, dass die Kinder ohne zu meckern alles essen ….

Und weil morgen Wochenende ist, darf Silas noch Harry Potter 7 auf DVD gucken. Die Mädels dürfen nicht, Jochen geht auch lieber schlafen und so gehen Gaby, Silas und ich noch bis Mitternacht mit Harry auf Voldemort-Jagd.